Sintra
Was für eine tolle Überschrift und so wahr. Aber es kommt noch toller. Heute entfliehen wir der Meute der Großstadt und entschwinden mit dem Zug ins 25 km entfernte Sintra. Zunächst sind wir sehr froh, dass wir nicht auf den Schalterbeamten am Bahnhof am Abend zuvor gehört haben. Er riet uns nämlich, die Zugtickets am nächsten Morgen direkt am Schalter zu kaufen. Wir sahen keinen Sinn in dem Vorschlag und haben uns stattdessen, als Stadt-erprobte Berliner, mit den örtlichen Automaten vertraut gemacht und ihnen sowohl die notwendige Basiskarte, wie auch die Tickets für Hin- und Rückfahrt, für jeweils knapp 4 €, abgetrotzt. Was für ein Glück!
Am nächsten Morgen. Schon im Untergeschoss der Bahnhofshalle hören wir wildes Gemurmel. Ich pirsche, etwas ungeduldig (kennt man sonst nicht von mir), die Rolltreppe rauf. Vor den Schaltern gibt es eine Menschenschlange in von ca. 150 Metern, die Automaten scheinen ausgefallen. Wir hoffen inständig, dass die von uns gezogenen Tickets funktionieren, ansonsten zweite Rikschafahrt durch Lissabon. Wir begeben uns direkt zum Einlass am Gleis und wie im Märchen öffnet sich die Schranke ohne Wartezeit. Erste Hürde genommen, sehr cool. Allerdings vermuten wir, dass es vielleicht doch etwas voller werden kann, als wir es zunächst vermutet haben.
Der Zug, der regelmäßig zwischen den Städten pendelt, ist schon sehr gut gefüllt und es dauert noch 15 Minuten bis zur Abfahrt. Wir tigern also zum letzten Waggon und finden noch zwei Sitzplätze. Anmerkung des Langen von uns beiden: Die Portugiesen sind im Durchschnitt doch etwas kleiner als die Deutschen. Es heißt daher Fahrgestell einziehen bis Sintra.
Wer oder was ist sintra?
Sintra: Eine Kleinstadt, etwa 25 km entfernt von Lissabon. Bekannt ist der Ort vor allem durch seine zum Teil Jahrhunderte alten Paläste, die, wie wir bald selber wissen, Touristen aus aller Welt anlocken. Seit 1995 ist die Kulturlandschaft Sintra Weltkulturerbe der UNESCO.
Der berühmteste, tollste und allerschönste dieser Paläste ist der Palácio Nacional da Pena (deutsch Pena Nationalpalast). Er wurde nach 1840 im Auftrag des portugiesischen Titularkönigs und Königsgemahls Ferdinand II. (1816–1885) von Wilhelm Ludwig VON ESCHWEGE (!!!!) (1777–1855) auf den Ruinen eines Klosters errichtet. Na bitte!! Hesse und dann noch aus Eschwege, ein Zeichen. Sein ekletizistischer Baustil inspirierte Ludwig von Bayern, den alten Kupfervogel, zum Bau von Neuschwanstein, dessen Bau weit nach dem des Pena Palastes begonnen wurde.
Unser Ausflug
Wir haben uns für heute "nur" den oben beschriebenen Palast und den dazugehörigen Park vorgenommen, da wir den Tag nicht so vollstopfen wollen. Apropos vollstopfen. In Sintra angekommen, strömen die Massen aus dem Zug und wollen in die Stadt. Es bilden sich erste Schlangen am Bahnhofsausgang, denn: Hier muss man wieder auschecken (kleiner Tipp für die BVG: Schwarzfahren ist hier nicht). 5 Minuten und ein paar Hackentritte unserer Hinterfrauen später, sind wir draußen und in der Vorstadt. Da wir ein Wettrennen mit den Besuchern aus aller Welt (so eine Art olympische Spiele für Jedermann) vermeiden wollen, flüchten wir ins nächste Cafe. Eine Insel der Ruhe. Die Bedienung, eine etwas ältere Dame, die den Zirkus wohl schon seit einigen Jahren durchlebt und die nichts mehr schocken kann, bedient uns sehr freundlich und wir kommen erst einmal runter. Sonja kauft grünem Tee von den Azoren (auch portugiesisch). Die nette Dame im Cafe empfiehlt Sonja eindringlich unbedingt einmal auf die Azoren zu fahren. Dort sei es so ruhig und so wenig touristisch. Sie meint es ganz lieb und ehrlich und wir finden es bemerkenswert, dass man in so einem täglichen Irrsinn so normal bleiben kann. Tolles Cafe (Saudade, Avenida Doutor Miguel Bombarda 6). Wenn man in Sintra ist, gleich da rein und Ruhe für den Tag tanken.
Gut erholt ziehen wir weiter. Bevor es den Berg hoch geht - Portugal besteht, wie auch schon Spanien, nur aus bergauf und bergab, erstehen wir noch schnell zwei Hüte und dann beginnt der Fußmarsch zum Schloss. Wir wollen absichtlich keinen Bus nehmen (wir sind ja noch jung), aber auch kein TukTuk (sind noch immer geschädigt) und zudem haben wir vor dem Urlaub allerlei Schuhwerk gekauft, das auch mal zum Einsatz kommen muss.
Wir laufen am Rande der Stadt noch an ein paar fliegenden Händlern vorbei und dann durch einen wunderschön angelegten Park in Richtung unseres Märchenschlosses, bergauf. Es wird ruhiger. Der Aufstieg bis zum Schloss dauert ca. 1 Stunde und bringt immer wieder tolle Aussichten in die Umgebung. Sehr cool.
Am Schloss angekommen stellen wir fest, dass wohl alle anderen aus dem Zug und der Bahnhofsvorhalle in Lissabon den Bus oder ein TukTuk genommen haben. Zusätzlich sind diejenigen schon da, die ohnehin mit dem eigenen Wagen gekommen sind. Auf jeden Fall ist es bereits im Frühling sehr lebhaft. Wir möchten uns nicht vorstellen, wie es ist, wenn im Sommer bei etwas höheren Temperaturen hier noch mehr los ist. Dagegen wirken die Menschenmassen in Sanssouci wie ein sommerlicher Meditationskurs. Egal, das Schloss ist toll und die Ausblicke in die Gegend wirklich atemberaubend schön. Auch wenn es etwas voll ist: Absolute Empflehlung für alle, die sich mal im nördlichen Teil Portugals aufhalten (und gut zu Fuß sind). Jetzt ein paar Bilder, auch von den "Prinzessinen", die es hier auch gab. Man beachte den Wegweiser im Park (Fußweg mit mehr als 14% Steigung!!!).
Nach dem Abstieg schlendern wir gemütlich durch die Stadt zur Bahn. Der große Tross ist schon vor uns weggefahren, weshalb die Bahn nun erfreulich "leer" ist. Von unterwegs reservieren wir noch schnell einen Tisch im Jardim dos Sentimentos, weil wir keine Lust mehr auf Überraschungen an diesem Tag haben. Was für ein vollgepackter und toller Tag.
Für den nächsten Tag planen wir "nur" einen kleinen Trip in das Kunstmuseum von Lissabon, danach etwas gammeln und packen für die Abreise. Weil sich das Museum als reichlich unspektakulär herausstellt, gibt es auch keinen extra Bericht. Kann man aus unserer Sicht getrost auslassen. Hier unsere letzten Eindrücke aus Lissabon.
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